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Vor einigen Jahren hatte ich ein Schlüsselerlebnis.

Ich betreute eine Professorin, deren Mutter gestorben war. Aufgrund einiger perspektivischer Bilder und Analogien, die ich Ihr im Rahmen unseres Gespräches vermittelt hatte fragte sie mich, ob ich Psychologie und/oder Philosophie studiert hätte.

Ich gab offen zu, dass ich auf keiner Uni gewesen war.

Aber nachdem sich ihre Frage bei mir ein wenig gesetzt hatte, wurde mir klar, dass ich bereits seit Jahrzehnten Menschen in existenziellen psychosozialen Krisensituationen beriet und begleitete. Und ich sagte Ihr, dass ich in diesem Sinne möglicherweise jahrelang, auf autodidaktischem Wege, Psychologie studiert hatte.

Darüberhinaus war ich seit meinem zehnten Lebensjahr regelmäßig dem Tod begegnet und hatte mich intensiv mit dem Thema der Sterblichkeit beschäftigt – somit also auch mit dem Thema des Lebens und der Frage nach dessen Sinn. Insofern hatte ich vielleicht – ebenso autodidaktisch – seit Jahrzehnten Philosophie studiert. Und ich tue es noch.

Dinge zu erleben scheint durch nichts zu ersetzen zu sein. Und das wertvollste, was ich im Laufe von 50 Lebensjahren aufbauen durfte, ist Erfahrung.

Ganz gleich, was oder ob Du studiert hast. Ganz egal, ob Du Unternehmer*in bist, Deinen Lebensunterhalt mit Sport, Kunst oder Politik bestreitest. Öffentliche Aufmerksamkeit auf Dich ziehst oder nicht.

Du bist zunächst „ein Mensch“.

Nicht mehr und nicht weniger.

Krisen erlebt jeder von uns.

Verluste erlebt jeder von uns.

Frauen und Männer in besonderer gesellschaftlicher Position werden ebensowenig verschont wie Menschen, deren Leben bisher immer auf der Erfolgsspur zu verlaufen schien.

Und Verluste erleben wir nicht nur, wenn in unserem nahen Umfeld ein Mensch gestorben ist.

Das Leben – die Natur – bereitet uns alle täglich auf den einen großen Verlust vor – den Verlust unseres eigenen Lebens.

Bis dahin verlieren wir als Kind unser Spielzeug, als Pubertierende unsere Kindheit und als Erwachsene zunächst unsere Jugend und schließlich Eltern, Partner und Freunde.

Manchmal brauchst Du vielleicht einfach nur jemanden, der Dir zuhört.

Jemanden, der weder Dein Denken, Dein Handeln noch Dein Fühlen bewertet.

Meine Frau sagt manchmal zu mir: „Ich brauch’ keine Hilfe – ich muss es nur mal los werden!“

Genau dafür ist der „port“ – der sichere Hafen – gedacht.

Werfe Ballast ab, erhole Dich von den Strapazen, mach’ klarschiff und steche wieder in See,

wenn sich der Sturm gelegt hat.

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